Könnte es auch sein,
dass du aufgrund eurer Vorgeschichte auf seine Trotzanfälle auch eher "inkonsequent" reagiert hast?
Ich bin ein Ausbund an Inkonsequenz und will hier garantiert nicht dafür plädieren, dass Kinder immer durch alles durch müssen.
Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass man als Mutter bei einem Kind mit dieser Vorgeschichte automatisch immer auf Deeskalation achtet und daher sich auch die Spitze der Trotzphase nach hinten verlagert.
Ich weiß ja nicht, wie du auf seine Anfälle reagierst. Versuchst du zu erklären oder schaust du nur darauf, dass er möglichst schnell wieder runterkommt?
Außerdem ist es auch nicht soooo unüblich, dass ein Kind erst mit 3,5 Jahren die Hochphase des Ausflippens erlebt, wenn es eben nicht gerade schon mit knapp 2 angefangen hat.
Ist also eher schwierig, das von der Ferne zu beurteilen und ohne die ganze Geschichte zu kennen.
Bevor ich aber mir Gedanken über Hochsensibilität machen würde, die ich zwar absolut anerkenne, aber deren Rechtfertigung in der Gesellschaft extreme Hemmschwellen hat und man es mit ADHS leichter hat als damit, würde ich mich hinterfragen, was eventuell zu der aktuellen Situation geführt hat, warum ein 3,5-jähriger so reagiert, wie er reagiert.
Kiga ist da schon ein Ansatz. Der Übergang vom "Mittagschlafkind" zum "Ich halte den ganzen Tag durch"-Kind war bei uns auch immer eine extreme Umstellung, obwohl alle meine 3 Kinder zu dem Zeitpunkt schon "fremdbetreut" waren und das Ganze nicht auch noch in den Übergang zum Kiga-Kind passiert ist. Und manchmal tritt der "Stress" des Übergangs zum Kiga-Kind eben nicht kurz nach dem Eintritt in den Kindergarten ein, sondern manchmal auch erst später.
Außerdem wirkst du (und das meine ich ohne Vorwurf, auch wenn es gleich mal so klingt) auch etwas gestresst: Familientisch abschaffen, weil einer durchtickt? Da muss man durch. Bei uns tickt immer einer durch und am schlimmsten, wenn wir Besuch haben, obwohl man bei Kindern mit 16, 13 und knapp 6 Jahren davon ausgehen könnte, dass das auch mal funktionieren sollte. Neee, einer läuft immer aus dem Ruder...
Auch im Alltag... es gibt tolle Momente, wenn alle dankbar essen und sich über das Essen freuen und von ihrem Tag berichten und wir auch noch ewig sitzen bleiben, weil es gerade so nett ist und es gibt Tage, da würde ich am liebsten allen den Soßenlöffel auf dem Kopf auskippen, weil sie gerade am Durchdrehen sind. Und da ist es egal, was es zu Essen gibt, das ist dann einfach Tagesform...
Meine und die meines Mannes und die der Kinder.
Zieh das Ding durch und gib dir den Stress, gönn dir und deinem Mann im Notfall später noch einen schönen Nachschlag in Ruhe. Aber das "Abfüttern" der Kinder finde ich nicht schön...
Und wenn du sagst, dass er das früher konnte, dann wird er es wieder können. Dann hat er eben im Moment den Durchticker, egal aus welchen Gründen, es wird auch wieder kommen, dass er es kann. Und im Notfall darfst du ihn auch mal füttern. Vielleicht braucht er das... meiner will das auch manchmal noch, dabei wird er bald 6... ich finde das nicht so dramatisch... der ist auch öfter mal zu faul, den Rest vom Teller zu kratzen und wenn er dann zu mir sagt: "Fütter mich!", dann ist das was anderes, als wenn er sagt: "Hab keinen Hunger mehr!" Ersteres ist wirklich Faulheit, bei letzterem würde ich ihn nie dazu überreden, den Rest aufzuessen, wenn ich ihn füttere. Aber ich finde beim Füttern nichts dabei, so lange es eben nicht die Regel ist und auch keine Maßnahme, um den Teller leer zu kriegen. Es sind Kinder und ihre Bedürfnisse sollte man ernst nehmen. Die entsprechen öfter mal nicht dem Lehrbuch...
Und ganz ehrlich: Bevor ein 3,5-jähriger abends Milch trinkt, um einzuschlafen, darf man ihm echt auch das Abendessen füttern.