Liebe Ines,
ich wünsche Dir starke Nerven! Aber auch diese Zeit geht vorbei, vielleicht macht sie im Moment einen Entwicklungsschub durch? Mein Sohn war in dem Alter auch sehr anstrengend und hat für jeden Pups entw. geweint oder laut gekreischt, dass fast die Gläser zersprungen sind und ich kurz vor nem Tinitus stand. Zur Krönung kam in dem Alter auch noch bei ihm autoaggressives Verhalten dazu, das fing schon mit ca. 15 Monaten an. Wenn er seinen Willen nicht bekam, ließ er sich auf den Boden fallen und schlug mit dem Kopf auf dem Laminat.
In dem Alter entwickeln die Kleinen ihre eigene Persönlichkeit und nehmen sich auch selbst so langsam als Individum wahr. Sprachlich können sie sich aber noch nicht ausdrücken, sehr frustrierend manchmal für so einen Wurm, und auch die Zeitwahrnehmung passiert im Hier & Jetzt. Daher ist Geduld noch eine Tugend, die erlernt werden muss, alles muss SOFORT passieren, sonst wird gebrüllt.
Ab dem 18. Lebensmonat fangen die Kleinen jedoch an, sich auch so langsam in andere Menschen hineinversetzen zu können. Andere Kinder werden plötzlich gestreichelt, wenn sie sich weh tun. Puppen werden gefüttert oder gewickelt und selbst Mama wird mal getätschelt, wenn sie plötzlich weint. Soll heißen: Es wird besser.
Mein Sohn ist nun knapp 20 Monate alt und er ist wie ausgewechselt. Er ist viel ruhiger geworden, er wirft sich seit Wochen schon nicht mehr auf den Boden, sämtliche Autoaggressivität ist verschwunden, er kreischt auch nicht mehr laut, er versteht eben auch viel mehr als noch vor einigen Wochen/Monaten.
Jede Phase geht irgendwann vorüber und die Geduld, die man vom Kind verlangt, sollte man selbst auch immer versuchen, an den Tag zu legen, auch wenn das Nervenkostüm kurz vor dem Platzen steht.
Deine Tochter scheint eben etwas mehr Temperament zu haben als Dein Sohn ;-)
Wir hatten auch Phasen, wo sich unser Sohn wirklich nur durch mich beruhigen lassen wollte. Das war dann eben so, zwischendurch ist Papa dann wieder der Held. Es wird dann plötzlich geweint, wenn Papa das Haus verlässt, wenn Mama geht, wird jedoch fröhlich hinterher gewunken (auch frustrierend manchmal...lach).
Mir hat zB das Buch "das glücklichste Kleinkind der Welt" gut geholfen. Darin wird beschrieben, dass man mit Kindern in Trotzphasen in Kindersprache reden soll. Wenn das Kind bockt, soll man dem Kind zunächst reflektieren, wie es sich fühlt. Dann erst folgt eine Erklärung des eigenen Tuns.
Beispiel:
Mein Sohn soll gewickelt werden, hat aber so gar keine Lust darauf und fängt an zu bocken und zu weinen. Während er dann auf dem Wickeltisch liegt, sage ich zB
:arrow: Milo sagt "nein! nein! Nicht wickeln! Milo will spielen, nicht wickeln (ich reflektiere also sein Gebocke, um ihm das Gefühl zu vermitteln, dass ich ihn verstehe). Ich mache sein wütendes Gesicht nach und theatralische Handbewegungen.
Wenn er mich dann überrascht anschaut und grinst (er fühlt sich plötzlich verstanden!), sage ich "Mama wickelt nur ganz schnell, dann kann Milo spielen" - ist tatsächlich plötzlich Ruhe.
Wichtig sind kurze und knappe Sätze, lange und logische Erklärungen versteht ein so kleiner Mensch noch nicht. Es war für mich eine Umstellung, so zu reden, wenn er "in einem Anfall" steckte, aber oft genug hat es funktioniert.
Vielleicht wäre diese Alternative es wert, sie mal zu versuchen?
LG
Sandra