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Thrombose und APC-Resistenz
Tiefe Venenthrombosen (TVT) treten in Mitteleuropa mit einer Häufigkeit von 1:1000 jährlich auf. Neben erworbenen Risikofaktoren (Rauchen, Operationen, Pille) haben auch genetische Veränderungen an den Blutgerinnungsfaktoren V und II (Faktor V Leiden Mutation, APC-Resistenz, Prothrombin-Gen-Mutation) maßgeblichen Einfluss. Liegen solche Mutationen vor, kann das Risiko einer tiefen Thrombose bei Frauen deutlich gesteigert sein, wenn sie sich in Kinderwusch-Behandlung begeben, schwanger werden oder zur Verhütung orale Kontrazeptiva (Pille) einnehmen.
Die APC-Resistenz ist das häufigste vererbbare Risiko für venöse Gerinnungsstörungen. Durch eine Punktmutation an Position 1691 des Faktor-V-Gens auf Chromosom 1 (G1691A) kommt es zu einer veränderten Sequenz an der 506. Aminosäure des Faktor V. Dies ist eine wesentliche Spaltstelle, an der das aktivierte Protein C (APC) nun nicht mehr ansetzen kann. Der veränderte Faktor V, der nach dem Ort seiner Entdeckung Faktor V "Leiden" (Universität Leiden, NL) genannt wird, ist gegenüber dem aktivierten Protein C also resistent.
In ähnlicher Weise kommt es durch eine Mutation im Prothrombin-(Faktor II)-Gen an der 20210. Position zu einer erhöhten Prothrombin-Aktivität im Blut.
Die Häufigkeit der APC-Resistenz - 95 % werden durch den Faktor V Leiden verursacht - liegt in der europäische Bevölkerung bei etwa 5 %. Liegt der Gendefekt nur auf einem Chromosom (heterozygot), haben Trägerinnen ein 7-fach höheres Thromboserisiko, homozygote Trägerinnen ein 80-fach höheres Risiko. Die Häufigkeit der Prothrombin-Gen-Mutationen liegt bei 2-3 % der europäischen Bevölkerung. Das individuelle Thromboserisiko ist auf das 3-5-Fache erhöht.
Bei Frauen, die neben der Faktor-V-Mutation auch eine Faktor-II-Mutation haben, erhöht sich das Thromboserisiko auf das 2-3-Fache des Risikos einer alleinigen Faktor-V-Veränderung.
Die genetischen Risiken für tiefe Venenthrombosen sind damit etwa vergleichbar mit den erworbenen Risiken: Alter bis 10 x, Pilleneinnahme 2-6 x, Thrombose in der Vorgeschichte 3-5 x, Krampfadern 3-4 x, Übergewicht 2 x, Schwangerschaft 5-10 x, Überstimulationssyndrom in der Kinderwunschbehandlung bis 5-10 x.
Treffen mehrere Risiken aufeinander, addieren sie sich nicht zu einem Gesamtrisiko, sie multiplizieren sich. Eine Frau mit heterozygoter APC-Resistenz hat also bei Pilleneinnahme ein etwa 30-fach höheres TVT-Risiko. Dennoch wird allgemein noch nicht von einer Kontraindikation gegen orale Kontrazeptiva bei heterozygoten Gerinnungsstörungen ausgegangen.
Ein generelles Screening auf Faktor-V- und Faktor-II-Mutationen wird nicht empfohlen. Untersuchungen sind aber dann sinnvoll, wenn in der Familie Gerinnungsstörungen oder Thrombosen bekannt sind.
Neu, aber eigentlich auch schon wieder alt: L-Arginin, eine semi-essentielle Aminosäure, ist wegen vieler anderen Wirkungen insbesondere deshalb in den Blickpunkt gerückt, weil es der wichtigste NO-(Stickoxyd)-Donator des Körpers ist. Stickoxyde weiten Blutgefäße und sollen arteriosklerotische Plaques abbauen, zumindest ihre Entstehung vermeiden können. 1998 gab es für diese Entdeckung den Nobelpreis. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entdeckung nutzbringend anwenden lässt. L-Arginin ist besonders konzentriert in Erdnüssen (ca. 3 g auf 100 g = 1 Tagesdosis) und Hülsenfrüchten (ca. 1-2 g auf 100 g) zu finden.