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Also das mit der Bezugsperson finde ich - sorry - nur Schöngerede. Es gibt Kinder, die sich bei Fremden total daneben benehmen und allein bei Mutti auf lieben Engel machen, Kinder, die in der umgekehrten Konstellation aufgehen und natürlich auch Kinder die fast immer "brav" oder fast immer "nervig" sind. Das hängt erstens von Charakter des jeweiligen Kindes ab und zweitens von der Erziehung.
Sich zu sagen, mein Kind benimmt sich so, weil es mich am meisten lieb hat, mag sich ja für die Mami wirklich nett anhören, bringt aber im Endeffekt weder dem Kind, noch der Mutter etwas.
Sieh es erst einmal von der positiven Seite: Dein Kind ist prinzipiell "gut" erzogen, es akzeptiert (zumindest bei anderen nahestehenden Menschen) Grenzen und weiß sich zu benehmen. Nun, warum tut er das bei dir nicht? Das ist relativ einfach zu beantworten, es gibt Mamas, die ihre Kinder nahezu mit Liebe überschütten. Die über alle Maßen geduldig, fürsorglich, liebevoll, wohlwollend usw. ihrem Kind gegenüber stehen. Das ist an und für sich natürlich nichts schlechtes. Nur manchmal passiert es dann eben, dass diese Mütter es verpassen, dem Kind gegenüber konsequent Grenzen aufzuzeigen. Das ist anfangs hart, wird mit der Zeit aber immer einfacher.
Du musst dir einfach klar machen, dass DU es bist, die die Zügel in der Hand hält und nicht dein Kind. Dein Kleiner reagiert nur auf die Impulse, die von Mama kommen. Du musst agieren, nicht reagieren. Folglich bist du auch nicht völlig hilflos, sondern kannst mit deinem Verhalten auf das deines Kindes enorm einwirken.
Erstmal: Dass du deinem Kleinen abends erzählst, dass es schön ist, wenn er so lieb ist, ist in Ordnung. Erhoffe dir aber nicht zu viel davon. Er ist noch jung und in den Situationen, wo er quasi "austickt" erinnert er sich erstens ohnehin nicht daran und zweitens kann er sich da dann sowieso nicht wirklich steuern.
Am besten schreibst du mal einiges auf, am besten auf kleine Zettel oder Karteikarten. Jedes Kärtchen steht für eine Situation, die dich persönlich belastet. Beispiel: Einkaufen. Dann schreibst du darunter, welches Verhalten dich genau nervt: Kind schreit, möchte nicht im wagen sitzen bleiben, räumt Sachen aus dem Regal usw.
Für jedes Verhalten überlegst du dir, wie du bis jetzt reagiert hast. Hat deine Reaktion etwas gebracht? Wenn nein, dann überlege dir eine bessere Vorgehensweise. Zum Beispiel: Kind räumt Sachen aus - "Ich möchte nicht, dass du die Regale ausräumst. Wenn du das noch einmal machst, kommst du in den Wagen." Du nimmst es ihm aus der Hand, stellst es zurück. Er macht das nochmal, dann setze ihn in den Wagen. Vielleicht wird er schreien, schimpfen usw. - dann lass ihn im Wagen bocken. Wenn er rausklettert oder sich nicht rein setzen lässt: "Entweder du bleibst jetzt sitzen, oder wir gehen wieder. ". Bleibt er sitzen, gut, wenn nicht, dann mache deine Drohung wahr. Denke nicht darüber nach, was die anderen Leute um dich herum denken könnten, zur Not lasse den Wagen einfach stehen und gehe. Wichtig ist nur, dass du die Kosequenz auch umsetzt. Nach spätestens 3-4 Mal ist mit diesem Verhalten Schluss.
Am einfachsten ist es, wenn du mal mit ihm Einkaufen gehst, obwohl du eigentlich gar nicht unbedingt etwas benötigst. Dann kannst du dich in der Situation voll und ganz auf das Kind konzentrieren und bist nicht so gestresst, weil du denkst "irgendwie muss ich das Ganze jetzt hinter mich bringen, wir brauchen ja etwas zu Essen!"
Das ist jetzt nur mal ein Beispiel von vielen vielen möglichen Varianten. Wie du in welcher Situation reagierst und wo du deine Toleranzgrenze steckst, musst du selbst herausfinden.
Aber ich würde folgendes beachten: Kurze Erklärungen geben - ja, unbedingt, aber bitte wirklich kurz und kindgerecht! Ewig lange Diskussionen a la bitte bitte, jetzt benimm dich doch mal usw. - Nein!
Auf "Drohungen" immer auch Taten folgen lassen. Demzufolge nur Dinge androhen, die man auch bereit ist, umzusetzen. Konsequenzen sollten immer im direkten Zusammenhang stehen mit dem Verhalten und zeitnah erfolgen.
Er ist nun einmal in dem Alter, wo er seinen eigenen Willen entwickelt. Das ist gut und sollte auch gefördert werden - aber DU allein entscheidest, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Wenn man Kindern in dem Alter keine Grenzen aufzeigt, passiert es nicht selten, dass sie auch später nicht mit Grenzen umzugehen wissen. Es gibt meiner Meinung nach eben auch hierfür eine Art Lernfenster.