Mein Sohn ist heute 5 Monate alt. Er war ein absolutes Wunschkind und ich habe mich riesig über die Schwangerschaft gefreut. Doch schon in der Schwangerschaft begann bei mir die Unsicherheit, ob ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich kann schwer beschreiben wie ich mich fühlte, aber am stärksten war wohl der Gedanke, dass dies die erste Sache in meinem Leben ist die sich nie mehr rückgängig machen lässt. Ich schob es auf die Hormone und war sicher, dass alles gut wird sobald er da ist. Die Geburt war sehr schmerzhaft und langwierig und musste am Ende mit Hilfe einer Saugglocke beendet werden. Die ersten Minuten mit meinem Sohn auf den Bauch waren wunderschön. Doch zuhause angekommen bekam ich Panik bei dem Gedanken dem Leben mit einem Kind nicht gewachsen zu sein. Ich hatte das Gefühl mein gesamtes bisheriges Leben sei vorbei. Doch ich riss mich zusammen. Und für alle Außenstehenden wirkte ich wie eine fröhliche Mutter die alles gut im Griff hat. Doch erstens setzten mir die Nächte mit dem permanenten Schlafmangel sehr zu und zweitens hatte ich die ganze Zeit das Gefühl meinen Sohn nicht genug zu lieben. Ich fand ihn süß aber irgendwie war ich nicht zu starken Gefühlen fähig. Ich hatte unglaubliche Schuldgefühle, dass jemand wie ich, der bei jedem kitschigen Film weinen muss, keine Liebe für den eigenen Sohn empfinden kann. Und ich hatte das Gefühl total egoistisch zu sein, weil ich mich nach meinem alten Leben sehnte. Die Lage spitzte sich mehr und mehr zu, bis ich gar nicht mehr schlafen konnte und eine Panik Attacke nach der anderen hatte. Immer wieder kam mir der Gedanke, mir und meinem Kind das Leben zerstört zu haben. Ich hasste mich selbst für diese Gefühle, aber noch mehr dafür überhaupt ein Kind bekommen zu haben. In meinen schlimmsten Momenten dachte ich wenn dieses Kind nur wieder weg wäre, dann wäre wieder alles gut. Da wusste ich, dass ich schleunigst etwas tun musste bevor mir oder meinem Sohn etwas passiert. Erst da vertraute ich mich meinem Mann an. Ich habe dann verzweifelt im Internet nach Hilfe gesucht und fand eine, auf dieses Thema spezialisierte, Elternambulanz bei der ich am nächsten Tag einen Termin bekam. Das war der erste wichtige Schritt. Es tat gut mir alles von der Seele zu reden und vor allem zu hören wie vielen Frauen es ebenso geht wie mir. Manche Schätzungen gehen von 1/3 der Mütter aus! Sehr geholfen hat es mir auch, als die Therapeutin meinte, dass man doch auch für alle anderen Beziehungen im Leben einige Zeit braucht um sich richtig kennen zu lernen und tiefe Gefühle zu empfinden. Warum erwarten wir bei unseren Kindern, dass alles sofort da ist. Ab dann begann ich dort eine regelmäßige Therapie zu machen. Darüber hinaus wurde mir eine Psychiaterin empfohlen die auf dieses Thema spezialisiert ist. Ich bekam Antidepressiva verschrieben und für den Notfall Beruhigungsmittel. Die waren auch nötig, da es mir an den ersten Tagen mit Antidepressiva noch schlechter ging als davor (was durchaus normal ist). Des Weiteren verschrieb mit mein Frauenarzt ein Medikament um sofort abzustillen. Bei den meisten Frauen ist es nicht nötig bei einer Postpartalen Depression abzustillen doch für mich war es die richtige Entscheidung. Die Brüste taten zwar einige Tage lang furchtbar weh, aber ich hatte endlich das Gefühl nicht mehr alleine für das Überleben meines Sohnes verantwortlich zu sein. Mein Mann war mir in diesen Wochen eine große Stütze. Er übernahm 2. Wochen lang die Nächte damit ich mich ausschlafen konnte. Nach 3. Wochen, die mir unglaublich lang vorkamen und in denen ich oft überzeugt war nie wieder glücklich zu werden, fingen die Antidepressiva zu wirken an. Es ging nicht von einem Tag auf den anderen, aber auf einmal war ein Hoffnungsschimmer da. Langsam konnte ich wieder Lachen. Mich über etwas freuen und die Zeit mit meinem Sohn genießen. Immer mehr fiel die Angst von mir ab die mich gelähmt hatte. Ich fing an mehr zu unternehmen und lange Spaziergange mit meinem Sohn zu machen. Auch das Gespräch mit Freundinnen half mir in dieser Zeit sehr. Und ich erkannte wie wichtig es ist auch einmal Zeit für mich alleine zu haben. Ich habe in dieser Zeit ganz offen über meinen Zustand gesprochen und einige Freundinnen vertrauten mir an, sich ähnlich gefühlt zu haben. Heute weiß ich, dass ich um eine gute Mutter zu sein nicht alle meine Bedürfnisse zurück stellen muss. Mit dem richtigen sozialen Netzwerk ist es durchaus möglich sich Zeit für sich zu nehmen. Ich muss nicht die perfekte Mutter sein, ich muss nicht alles richtig machen und ich darf auch einmal schlecht drauf sein ohne dass mein Sohn einen bleibenden Schaden davon trägt! Ich weiß es wird immer Hoch und Tiefs geben, aber die Gewissheit aus dieser Situation wieder hinaus gefunden zu haben gibt mir Kraft. Im Moment geht es mir besser als ich mir das je hätte vorstellen können und wenn mich mein Sohn anlächelt, wehrend ich ihn in der Früh aus seinem Bett nehme, spüre ich endlich die große Liebe die ich mir so gewünscht habe.