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Das ist nicht so!
Wenn das verboten wäre, müsste da irgendwo stehen. Denn ein gesetzliches Verbot muss zwingend irgendwo schriftlich normiert sein - sonst könnte man Verstöße dagegen nicht ahnden, und eine Rechtssicherheit wäre nicht gegeben. Eine entsprechende Norm ist mir allerdings noch nie nirgendwo über den Weg gelaufen.
Selbstverständlich darf ein Anwalt auf Freispruch plädieren, auch wenn sein Mandant ihm die Tat gestanden hat.
Was denn sonst?
Das doch auch ganz logisch ist.
Wie wollte ein Anwalt sonst bspw. in reinen Indizienprozessen argumentieren und plädieren?
Wenn es keine tatsächlichen Beweise gibt - nur Indizien, die man so oder so auslegen und werten kann, und die eben auch noch zu einem Freispruch durch das Gericht führen könnten - dann handelt ein Anwalt, der hier nicht Freispruch fordern würde, sondern eine Verurteilung, pflicht- und mandatswidrig.
Es kommt vor Gericht nicht auf Schuld oder Unschuld an, sondern darauf, ob die Schuld auch beweisbar ist, oder zumindest zur Überzeugung des Gerichts feststeht.
Ein Anwalt der ohne Beweise auf Verurteilung plädiert, muss entweder schwachsinnig und irre sein, oder aber - auch in den Augen der anderen Prozessbeteiligten - über Wissen verfügen, dass ihnen nicht zugänglich ist - und das dann logisch nur noch vom Mandanten/Angeklagten selbst stammen kann.
Der Anwalt selbst würde hier also mit der Forderung nach einem milden Urteil (anders formuliert: nach einer milden Verurteilung) deutlich machen: "Mein Mandant ist Schuldig, mein Mandant hat die Tat begangen" - und das ist Wissen aus dem Anwalts-Mandatsverhältnis, das er ohne Einwilligung des Mandanten NICHT offenbaren darf, auch nicht mittelbar. DAS wäre Mandantenverrat, wenn er in einem solchen Fall auf Verurteilung plädiert, und nicht auf Freispruch.
Und das strafrechtliche Prinzip, dass nicht der Angeklagte seine Unschuld beweisen muss, sondern man ihm die Schuld beweisen muss, würde pervertiert und ins Gegenteil verdreht.
Ich darf als Anwältin vor Gericht nicht lügen.
Ich darf aber jederzeit Alternativ-Sachverhalte aufzeigen, andere Geschehensabläufe als Möglichkeit in den Raum stellen. Und unter Bezugnahme auf solche möglichen alternativen Sachverhalte unter Abstellung auf den In-Dubio-Grundsatz Freispruch für den Mandanten fordern.