Hallo!
Ich bin gerade so wütend auf meinen Papa, aber auch irgendwie auf mich selbst, weil ich mir das immer wieder gefallen lasse. :twisted: .
Um zu erklären was ich meine, muss ich etwas weiter ausholen. So lange ich denken kann, kämpfe ich gegen die Gleichgültigkeit meines Vaters an. Wobei ankämpfen auch nicht der richtige Ausdruck ist. Vielmehr habe ich immer versucht ihm alles Recht zu machen und mich in seinen starren Mustern zu bewegen. Zum Beispiel wollte mein Vater nie, dass eine Freundin bei mir übernachtet, weil das seinen gewohnten Rhytmus gestört hätte. Ich hatte immer pünktlich zuhause zu sein, damit das Essen pünktlich auf dem Tisch steht. Seit meine Mutter die Familie verlassen hat (da war ich 14), war ich fürs kochen zuständig. Ich habe mich immer gefügt, habe mich immer an das bisschen Familie geklammert, was ich noch hatte. Irgendwie musste es ja weiter gehen und da mein Papa nur noch mit dem Kopf im Sand steckte, habe ich eben zu großen Teilen die Verantwortung dafür übernommen, dass es weiter geht. Soweit war das ja auch in Ordnung. Aber irgendwann kam ich ja dann auch (sehr spät!) in die Pubertät und hatte keine Lust mehr mich immer nach meinem Vater zu richten. Meine kleinen (harmlosen) Zeichen der Rebellion wurden mit völligem Unverständnis und Ablehnung aufgenommen, was schließlich damit gipfelte, dass mir mein Papa sagte, dass er nicht mehr mit mir unter einem Dach leben möchte und ich mir spätestens bis zum Ende meiner Ausbildung eine eigene Wohnung suchen soll. So lange habe ich dann nicht gewartet, sondern suchte mir gleich etwas eigenes.
Soviel zur Vorgeschichte.
Nun sind ja viele viele Jahre vergangen und ich habe mir ein eigenes Leben aufgebaut, habe eine wundervolle Familie und bin auch mental soweit gereift, dass ich in der Lage bin meinen eigenen Kopf durchzusetzen. Aber wenn es um meinen Papa geht, verfalle ich trotzdem immer wieder in alte Muster.
Ein Beispiel ist Weihnachten. Seit ich 14 bin, mache zu Weihnachten den Weihnachtsbraten. Und es gibt IMMER Pute mit Kartoffelknödeln und Rotkohl. Ich koche sehr gerne und experimentiere auch gerne. aber wenn mein Papa anwesend ist, ist das undenkbar! Jedes mal wenn ich vorgeschlagen habe etwas Neues auszuprobieren, kam folgender Satz: "Na gut, dann gehe ich halt raus und hole mir eine Currywurst :twisted: ." Ich weiß, dass mein Bruder auch gerne mal etwas anderes zu Weihnachten essen würde. Aber keiner von uns startet auch nur den Versuch so etwas vorzuschlagen.
Der ganze Ablauf zu Weihnachten war immer gleich: Vormittags wurde der Plastikweihnachtsbaum aufgebaut und geschmückt (ein echter Baum kam Papa nicht ins Haus!), anschließend essen, dann fernsehen, dann Bescherung, danach wieder fernsehen (der Fernseher läuft bei meinem Papa fast den ganzen Tag). Letztes Jahr habe ich meinen Papa, meinen Bruder und seine Familie zu Weihnachten zu uns eingeladen. Ich habe mir viel Mühe gegeben, hatte alles schön geschmückt (mit echtem Baum ;-) ), habe mir für die Kinder ein paar kleine Spiele zur Bescherung ausgedacht, habe ein paar weihnachtliche CDs eingelegt... Die einzige Reaktion, die ich bei meinem Papa damit hervorgerufen habe, war, dass er über die Musik gelästert hat.
Dieses Jahr überlege ich mir ernsthaft das Ganze abzublasen. Ich habe eine grobe Ahnung, wie Weihnachten sein KÖNNTE. Ich habe mir das immer so sehr gewünscht - die Familie kommt zusammen, singt, spielt und isst zusammen, alles ist schön geschmückt und die Stimmung ist richtig feierlich und warm. Leider weiß ich, dass das mit meiner Familie nie so sein wird :-( .
Jetzt am Sonntag feiern wir Julians 2. Geburtstag. Ich habe meinen Bruder und meinen Papa per email eingeladen. Gestern ruft mich mein Papa an:
"Hmm, sollen wir dann auch am Sonntag kommen, oder lieber ein anderes Mal?"
"Ähh Papa, ich habe euch doch eingeladen!"
"Ja, hmm, um 17 Uhr ist Formel 1 Rennen. Das ist natürlich ganz ungünstig!"
"Na dann nimmst du das Rennen halt auf."
"Ne, da kriegt man ja doch irgendwie vorher das Ergbnis mit. Stell mir einfach irgendwo einen Fernseher in die Ecke!"
:twisted:
Übrigens hat mein Papa unseren Jüngsten, seinen 3. Enkel (6 Wochen), noch nicht ein einziges Mal gesehen. Mein Papa ist Rentner, hat ein Auto und wohnt keine 30km entfernt.
:evil: