Dies ist meine Geschichte.
Ich schreibe sie nieder, um mit dem Alten abzuschließen.
Ich schreibe sie nieder, um dem Neuen Platz zu schaffen.
Ich schreibe sie hier, weil es für mich richtig ist.
Es ist schwierig zu erfassen, wo alles begann.
Was für mich jetzt zählt ist nur das, was mein Leben unmittelbar beeinflusste.
Ich war immer ein Träumer. Das kann sehr positiv, aber auch negativ und belastend sein.
Meine Kindheit war impulsiv, wie meine Mutter. Ihre Situation konnte man als schwierig bezeichnen, somit wurde ich es auch. Schwierig. Anstrengend.
Die massive körperliche Gewalt, der hier einige Frauen ausgesetzt waren, musste ich nie erfahren.
Ob Psychoterror dem gleichzusetzen ist, maße ich mir nicht an zu behaupten. Kann man es überhaupt als Terror bezeichnen? Meine Kinderseele empfand es als solchen. Ich wurde herumgeschubst, war falsch, durfte mich nicht entfalten und wurde oft zum Spielball mütterlicher Unzulänglichkeiten. Unterstützung erhielt ich nur selten. Dann, wenn meine Mama so einer ihr verhassten Person schaden konnte. Kann es sein, dass sie mich so zur Selbständigkeit erziehen wollte? Wer weiß.
Ohne jede Nestwärme, lebte ich in ständiger Angst. Vor Lehrern, anderen Kindern, Ärzten. Letztere trugen einen guten Teil dazu bei, dass auch mein Körper sehr bald falsch war. Ich war zu klein, ich war zu dick, dann war ich zu groß, zu langsam. Nicht richtig.
Mama schützte mich nie. Ja, das werfe ich ihr vor. Das hat mich sehr verletzt. Wenn ich mich hinter ihr verkroch, weil ich Angst vor meinem Stiefvater hatte, der brüllte, den ich nicht verstand und sie ihn einfach vorbei ließ. Das tat viel mehr weh.
Wenn ich schlecht behandelt wurde, von Lehrern und diese es auch noch zugaben, vor meiner Muttern, es aber mit fadenscheinigen Gründen legitimierten, war sie immer auf der Seite der anderen.
Denn ich war falsch, konnte nicht anders sein.
Meine Wuttränen wurden als Scham interpretiert, oder Einsicht. Verzweiflung, hätte es eher umschrieben.
Mein Rückzug war nur willkommen. War ich mal 2 Tage lang weg, rief niemand die Polizei. Ich bekam keinen Anruf, auf mein Handy.
Warum hätte ich also von dem Erlebnis erzählen sollen, was meine gesamte Jugend dann prägte?
Warum hätte ich erklären sollen, wie meine Kleidung so dreckig wurde, wo ich war, was man mir angetan hat?
Ich hab in dem Moment nur Angst gehabt, sie könnte mir die Schuld geben, dabei war SCHULD schon das einzige Gefühl, was in meinem Herzen vorherrschte.
An diesem Abend trieb ich mich wieder draußen herum. Es gab da einen schönen Spielplatz, mit einem lustigen Karussell. Dort wurde ich nach der Zeit gefragt.
Aufgewacht bin ich im Keller. Allein. Ich erinnere mich auch heute nicht an Einzelheiten. Nur an Wortfetzen, die sich tief einbrannten.
Diese Person war krank. Das weiß ich heute.
Sie sprach davon, wie schön ich sei. Dass ich eine Hexe sei, die ihn verführen wollte. Mehr Details möchte ich hier, öffentlich, keinem antun.
Ich wurde einfach entlassen. Nach über 24 h war ich wieder frei, ging heim und fühlte mich dreckig. Mein Spiegelbild zeigte ein frühreifes Mädchen. Ein schönes Mädchen. Ich wollte also nie wieder schön sein und so begann das Fressen. Jeden Tag. Ich verdrückte, was nur irgendwie reinpasste, übergab mich manchmal, aß weiter. Wurde dick. Und einsam. Alle Freunde, die bis dato geblieben waren, legte ich ab. Niemanden klagte ich je an.
Bald hielt ich das nicht mehr aus. Meine Fantasie rettete mich. Mein erfundenes anderes Ego. Zoey. Sie war nur Fantasie, keine Abspaltung. Sie wurde mit den Erinnerungen beladen und übernahm fortan die schwierigen Momente. Die Flashbacks meisterte sie.
Nur im Schlaf gab es keine Flucht, nur Monster, Schatten, Panik.
Ich vergaß unterdessen alles. Auch den Grund, aus dem ich fett war.
Die Pubertät kam, ich wollte geliebt werden, wollte schön sein. Stoppte das Essen und den Schlaf. Nur so vermied ich auch die Träume.
Mittlerweile musste auch meine Familie bemerken, dass etwas nicht stimmt. Die Verletzungen, die Zoey mir zufügte, um klar zu kommen, waren kaum noch zu verbergen, doch Interesse war kaum vorhanden. Mehr Gelächter.
Alsbald hatte ich auch einen Freund. Sex. Freude. Konnte lachen, nur nicht essen.
Mein Gewicht hielt ich durch abwechselndes Fressen und Fasten. Es wurde immer schlimmer, die Ringe um die Augen tiefer, die Schlafstörung begleitet mich noch heute.
Dann kam mein Mann. Und holte mich heraus. Nach einigen Situationen, versuchte er mehr herauszufinden und erkämpfte sich vertrauen. Mutmaßte und zwang mich indirekt mich zu erinnern.
Ja, es war besser, nach der Öffnung meinerseits. Geteiltes Leid ist doch halbes Leid.
Stück für Stück hab ich mich rehabilitiert. Nur wenige schlechte Eigenschaften begleiten mich noch.
Die Schwangerschaft hat mir sehr geholfen zu einem Körperbewusstsein zurück zu finden. Doch noch lange hing ich Idealen hinterher. Altlast.
Ich werde nie so sein. Ich werde nie perfekt sein. Doch ich bin richtig.
Nach langem Zweifeln weiß ich auch, dass ich mit, oder gerade wegen meiner Geschichte eine gute Mutter bin.
Eines hängt mir noch nach.
Die Geburt.
Ich wählte bewusst den Kaiserschnitt. Noch heute bekomme ich bei Schmerzen im Intimbereich Flashbacks. Die Hände einer Hebamme in mir und an mir, hätte ich ebenso wenig immer wieder ertragen können. Das alles hätte die Geburt meiner wunderbaren Tochter überschattet.
So war es besser. Denke ichauch, wenn ich ein wenig Enttäuschung empfinde, das mir so dieses Erlebnis der natürlichen Geburt verwehrt bleibt.
Ob sich meine Psyche weiter rehabilitiert, so dass ein Versuch möglich wäre? Ich hoffe es und werde daran arbeiten.
Morgen beginnt für mich ein neues Leben. Endgültig. Es ist kein besonderer Tag, doch heute kam der letzte, entscheidende Impuls.
Ich freue mich so.
Es war mir wichtig, es hier mitzuteilen.
Vielleicht möchte ich auch sagen: Danke. Denn einiges, was ich hier gelesen habe, half.
Ich hab einfach geschrieben, dadurch wird wohl alles etwas wirr sein. Ich entschuldige mich dafür, doch detailliertere Beschreibungen hätten hier zu viel Raum benötigt. Es ist auch nicht wichtig.
Sollte jemand sich hierher durchgearbeitet haben:
Danke, für deine Geduld. Urteile bitte nicht zu hart über mich.