Ich bin nach der Trennung von meinem Mann
über ein bekanntes soziales Netzwerk von einem mir unbekannten Mann angeschrieben worden, der mir eine Freundschaftsanfrage schickte. Normalerweise lösche ich das direkt, in dem Fall habe ich geantwortet, dass ich mich zwar durchaus freuen würde, dass er Kontakt suche, aber er mich wohl verwechseln würde...
Tatsächlich hat er mich aber nicht verwechselt. Er wusste erschreckend viele Dinge von mir (aus Zeiten bevor das Internet soviel Raum einnahm wie heute). Ich musste mich also irgendwann schon mal mit ihm unterhalten haben, aber mir fiel nicht ein wo oder wann.
Er hat dann mein Gedächtnis aufgefrischt: Wir haben mal in einer Karaoke-Bar zusammen gesungen (und ich kann wirklich nicht besonders gut singen ;)). Da war ich 18. Er hat sich wohl verliebt, ich mich offensichtlich nicht und unsere Wege haben sich getrennt.
12 Jahre später träumt er von mir und ihm fällt mein Name wieder ein. also schreibt er mich an.
Was soll ich sagen: Wir haben uns unterhalten, irgendwann getroffen und verliebt. Leider war er noch in einer Beziehung. Eine Beziehung, die er nicht beenden konnte, obwohl sie nur pro forma existierte. Er hatte Angst sie psychisch so zu treffen, obwohl sie bereits wegen anderer Probleme in therapeutischer Behandlung war. Er meinte, dass hätte er in einer vergangenen Beziehung schon einmal gemacht - zu gehen, als es falsch gewesen wäre zu gehen. Das könnte er nicht noch einmal.
Ich habe mich trotzdem auf ihn eingelassen. Das mag man jetzt verwerflich finden, das ist okay. Ich habe oft an mir gezweifelt, aber ich wollte so sehr an das glauben, was zwischen ihm und mir war. Weil es so "anders" war (ja, das klingt pathetisch und irgendwie naiv, aber manchmal bringt Verliebt sein so etwas mit sich).
Und was soll ich sagen: Er hat mich jedes Mal verletzt. Immer, wenn wir uns getroffen haben, ist er nachts wieder zu ihr gefahren (auch wenn wir uns in anderen Städten getroffen haben). Er ist an Orte gefahren, die er mit ihr in Verbindung gebracht hat.
Im Nachhinein glaube ich manchmal, dass er emotional noch sehr gebunden war und ich einfach das "emotionale Ersatzteillager" für die vorübergehenden Defizite war. Vielleicht war er auch tatsächlich in mich als Person verliebt, ich weiß es nicht. Ich habe mich dann getrennt. Es ist mir wahnsinnig schwer gefallen und ich habe über ein Jahr gebraucht bis mich das gedanklich losgelassen hat. Und auch heute noch merke ich Nachwirkungen davon: "Unverbindlich" ist für mich auf Beziehungsebene ein rotes Tuch. Denn wenn ich mich emotional jemandem öffne, dann ganz. Nur so halb und dann schauen - das kann ich nicht. Das bin ich nicht.
Deswegen war die Geschichte für mich schön und traurig zusammen. Befreundet sein mit ihm kann ich übrigens nach wie vor nicht. Zu viel Kopfkino. Aber vielleicht sehen wir uns ja in zwölf Jahren ja mal wieder ;)
Lg D.