Erfahrungsbericht ;-)
Mein Sohn ist 3,5 Jahre alt und trägt seit 5 Wochen eine Brille - weil er schielt und die Augen unterschiedlich weitsichtig sind.
Wir waren bei einer Sehschule, da arbeiten Orthopisten & Augenärzte zusammen. Die Orthopistin hat das Schielen untersucht und die Dioptrinzahl gemessen, der Augenarzt hat kontrolliert und das Rezept ausgestellt.
Der Sehtest erfolgt mit Bildern, für das genaue Messen der Fehlsichtigkeit bekommt das Kind Augentropfen (2x im Abstand von 30 Minuten), sodass die Pupille erweitert wird und dann Orthopistin bzw. Augenarzt die Fehlsichtigkeit "messen" können (erfolgt mittels einer "Glasschablone" - quasi kleine Augengläser vers. Dioptrinzahl nebeneinandergereiht).
Aber von Anfang an .....
dass er schielt, ist uns zunächst gar nicht, bzw. kaum aufgefallen. Ich hatte festgestellt, dass er, wenn er z.B. ein Auto sehr dicht vors Gesicht hielt, angefangen hat zu schielen. Dachte mir jedoch nicht wirklich was dabei, weil ja eigentlich fast jeder schielt, wenn man einen Gegenstand sehr nahe ans Gesicht hält. Irgendwann wurde ich dann im Kindergarten angesprochen, dass der neuen Praktikantin aufgefallen sei, dass Sohnemanns Auge zeitenweise leicht nach innen "wandert". Daraufhin sind wir zum Augenarzt gegangen. Nachdem eine Freundin mit ihrer Tochter, bei der ich viel mehr den Eindruck hatte, dass sie schielt, die Aussage erhielt, dass aufgrund der Nasenwurzel und den noch nicht ausgewachsenen Augen bei Kindern der Eindruck entstehen könne, dass sie schielen, es jedoch nicht so ist, bin ich da ziemlich entspannt hingegangen.
Aber Pustekuchen, von wegen "es sieht aus als ob, is' aber nich' " - Sohnemann schielt tatsächlich. Das schielende Auge ist sogar schon sehr schlecht von der Sehleistung (nur noch 10%) her, sodass uns nicht nur eine Brille verschrieben wurde, sondern wir das besser sehende Auge pro Tag 6 Stunden abkleben müssen.
Weil ich völlig von den Socken war, besorgt ohne Ende und fast nicht glauben konnte, dass er nur 10% Sehleistung haben soll, haben wir eine zweite Meinung eingeholt. Ähnliches Ergebnis, allerdings eine 50%ige Sehleistung auf dem schielenden Auge. Behandlung analog derer des ersten Augenarztes (bzw. Orthopistin, also Sehschule).
Bei unserer "zweiten Meinung" wurde ich sehr, sehr gut informiert und aufgeklärt:
- ALLE Kinder sind weitsichtig (weil das Auge noch "zu klein" und unausgewachsen ist)
- die Linse von Kinderaugen kann die Weitsichtigkeit korrigieren, daher benötigen die meisten Kinder keine Brille
- sobald die Augen eine unterschiedliche Weitsichtigkeit haben, und sich die Linse eines Auges mehr "bemühen" muss, fängt dieses Auge an zu schielen. Das kommt dadurch, dass die Linse und die Augenmuskeln nur zusammen agieren können und nicht voneinander getrennt. Bedeutet, dass, wenn die Linse sich mehr krümmt, der Augenmuskel sich mehr zusammenzieht und daher ein Schielen entsteht
- eine Brille entlastet die Linse > damit wird auch der Augenmuskel entspannt und das Schielen verhindert
- die Information des schielenden Auges kommt als Doppelbild im Gehirn an und da das Gehirn diese Bilder nicht verarbeiten kann bzw. möchte, wird die Info des Auges ausgeblendet, sodass die Sehleistung nach und nach schlechter wird und irgendwann (unbehandelt) auf 0 geht.
- ein Abkleben vom "stärkeren" Auge bewirkt, dass das "schwächere" Auge und das Gehirn zusammen arbeiten müssen - und dadurch die Sehleistung wieder verbessert wird
- dieser "Fehler" kann, frühzeitig behandelt (je jünger das Kind, desto besser), gut behoben werden, sodass diese Kinder später auf eine Brille verzichten und sogar 100% Sehleistung erreichen können.
- bzgl. der Abweichung 10% Sehleistung zu 50% Sehleistung gibt es 2 Möglichkeiten:
entweder das Abkleben hatte bereits nachweislichen Erfolg oder: wenn Kinder keine Lust auf einen Sehtest haben, dann sehen sie im Zweifelsfall eben nichts ... heißt: so genau messbar wie bei Erwachsenen ist das gar nicht. Während beim 1.Test lediglich Blumen, Herzen und Häuser zu sehen waren, tauchten beim 2.Test auch Autos auf - für meinen Racker als Autoliebhaber natürlich ein prima Anreiz ;-)
FAZIT:
Der Schielwinkel bei meinem Sohn ist relativ gering, daher ist uns das Schielen auch nicht aufgefallen. Wenn ich nun im Nachhinein Fotos betrachte, die ca. 4-8 Monate alt sind, meine ich bei manchen einen "Silberblick" erkennen zu können ... allerdings schaue ich nun auch sehr, sehr gezielt :FOU:
Unser Kinderarzt hat bei der U7a KEIN Schielen festgestellt, wohl allerdings notiert, dass das Kind häufig zwinkere, was ein Indiz für Schielen sein KANN.
Allerdings wurde ich vom Kinderarzt NIE darauf hingewiesen, dass ich eine Augenuntersuchung machen solle. Hätte ich allerdings auch selbst drauf kommen können. Dennoch fände ich es wichtig, dass Eltern ausdrücklicher auf diese Untersuchung hingewiesen werden müssten (z.B. Hinweis im gelben U-Heft!??!).
Mit der Brille gab es zu Beginn etwas Schwierigkeiten - oder vielmehr, die Suche nach dem richtigen Brillengestell. Nachdem wir endlich fündig wurden, akzeptiert er sie ebenso wie sein Pflaster. Ab und an zieht er Brille und / oder Pflaster ab, aber ich bin konsequent und er akzeptiert das dann auch.
Ich dachte, es gäbe größere Probleme, was nun glücklicherweise doch nicht so ist.
Ich denke, ich hatte viel größere Probleme damit, nun einen kleinen "Harry Potter" oder einen "kleinen Professor" zu haben. Auch im Kindergarten gab und gibt es keine Probleme, keine Hänseleien - im Gegenteil, ich habe nun schon gehört, dass das ein oder andere Kind nun auch eine Brille "will" .... ;-)
Ich empfehle aus meiner Erfahrung heraus ALLEN Eltern, frühzeitig (um den 2.Geburtstag) einen Besuch in der Sehschule. Wenn nichts bei rauskommt - umso besser !
Sollte ein Kind vor dem 2.Geburtstag auffällig schielen oder offensichtlich schlecht sehen > dann natürlich sofort zur Sehschule !
Selbst ein geringer Schielwinkel (wie in unserem Fall), der kaum auffällig ist, kann zu Sehschwäche führen und hat, unbehandelt, evt. lebenslange Konsequenzen.
Alles Liebe !
Schöne Grüße,
Friederike