Hallo liebe Community,
ich (männlich, 21) hab "im Auftrag" :) meiner Freundin einen Aufsatz über den Tagesablauf einer alleinerziehenden Mutter geschrieben, Mich würde interessieren, ob meine Sichtweise realistisch ist. Kritik also erwünscht :) ich danke schonmal im Vorraus für eure Antworten. LG
Morgens um sieben Uhr reißt mich mein Wecker mit einem nervenzerreißendem Klingeln aus dem Schlaf. Auch Benny, mein 4 Monate altes Kind, hat das Geräusch nicht überhört und beginnt zu schreien. Ich schalte das Licht an und torkele schlaftrunken zu seinem Bett. Ich nehme Benny in den Arm und versuche ihn zu beruhigen vergebens, denn der Kleine ist definitiv nicht ausgeschlafen. Ich lege ihn also noch einmal kurz zurück ins Bett und gehe ins Bad, um mich zu richten und anzuziehen.
Als alleinerziehende Mutter habe ich es wirklich nicht leicht. Gottseidank bin ich zurzeit im Erziehungsurlaub, und mein Chef hat mir schriftlich zugesichert, dass ich meine Arbeitsstelle wieder annehmen kann, sobald der Kleine einen Platz in einer Ganztages-Kita hat. Aber das macht den Alltag mit Benny nicht leichter. Denn neben meiner Aufgabe, Benny alles erdenkliche für sein Wohl zu geben, muss ich mich auch noch selbst versorgen und ganz nebenbei um Miete, Rechnungen und Stress mit den Stadtwerken kümmern.
Zurück zum Plan. Ich koche Benny einen Babybrei und bereite ihm eine Flasche Milch zu. Für seine 4 Monate isst Benny ziemlich gut, ich kann mich nicht beklagen; ihm mangelt es lediglich noch an etwas Feingefühl. Deshalb bekommt nicht nur Benny, sondern auch der Fußboden, Bennys Latz und meine Bluse etwas von dem Babybrei ab.
Ich schaue auf die Uhr, es ist gerade einmal acht Uhr, die Zeit vergeht müßig. Meine Freundin Sabine, gerade hochschwanger, ruft mich an und erzählt von ihren Schwangerschaftsbeschwerden. Ich tröste sie, erzähle ihr, dass das alles bei mir genauso war, gebe ihr Tipps. Sie verabschiedet sich dankend. Da ertönt auch schon wieder Bennys Schreien aus der Wiege. Ich nehme ihn auf den Arm und merke sofort, dass die Windel gewechselt werden muss diesen Geruch kann man einfach nicht missverstehen. Also Hose auf, Windelaustauschen, Po saubermachen, pudern, wieder anziehen. Dafür benötige ich exakt 20 Minuten, da Bennys Blase noch nicht ganz leer war und mein Kleiner mit sichtlicher Freude auf den Wickeltisch pinkelt. Also gleich auch eine neue Bluse und Hose für mich.
Neun Uhr 15, ich ziehe mich an, um in die Stadt zum Einkaufen zu gehen, der Kühlschrank ist fast leer. Draußen ist es kalt und Benny sträubt sich gegen die dicke Hose, die dicke Jacke und die Handschuhe im Miniaturformat. Vor der Haustür platziere ich ihn gekonnt im Kinderwagen und chauffiere ihn durch die Stadt bis nach Aldi. Interessiert schaut er zu, wie ich Milch, Brot, Butter, Wurst, Windeln, Toilettenpapier und andere nützliche Dinge in den Einkaufswagen lade. Nach dem Bezahlen macht Benny ein großes Theater, da ich ihn während des Einpackens vernachlässige; ich nehme ihn in den Arm und schon hat er mir vergeben.
Zurück in meiner Wohnung muss ich einen Wutanfall unterdrücken, da ich ein weiteres Schreiben der Stadtwerke bekommen habe, in dem sie mich zu einem Gespräch einladen. Das wäre kein Problem, wenn ich während der mehrstündigen Wartezeit in den Büroräumen wenigstens Zugang zu einem Wickeltisch hätte. Ich rege mich weitere 5 Minuten tierisch darüber auf, wie wenig kleinkindgerecht die Wartezimmer städtischer Unternehmen ausgestattet sind; dann begebe ich mich an den Herd, um für Benny und mich zu kochen.
Für Benny gibt es eine leckere altersgerechte Mahlzeit von Hipp, ich begnüge mich mit 2 Sandwiches, da ich während der Mittags-Fütterung selbst kaum zum Essen komme. Um kurz nach eins legt Benny endlich, hurra, einen Mittagsschlaf ein und ich kann mich in Ruhe um meine Angelegenheiten kümmern. Gerade bin ich fertig geworden und will den Fernseher einschalten, um meine Lieblingsserie zu schauen, erinnert mich Benny auch schon wieder an seine Anwesenheit. Der Kleine hat sein Mittagessen verdaut und schreit wie am Spieß angesichts der vollen Hose. Also erneut an den Wickeltisch, wieder das volle Programm, diesmal zum Glück ohne Anpinkeln. Danach beschließe ich, mit Benny zu spielen, der Kleine will sich ja schließlich auch sinnvoll betätigen. Quietsche-Entchen, Rassel und Teddybär werden in das lebhafte Spiel mit einbezogen. Alle haben Spaß, außer der Teddy; der ist immer in Lebensgefahr, wenn Benny ihm den Kopf abbeißen will, aber zum Glück bin ich zur Stelle, um in vor Bennys nicht vorhandenen Beißerchen zu retten.
Halb sechs abends, ich bin müde, ich muss auf die Toilette, ich will schlafen; Benny ist natürlich putzmunter und will bespaßt werden. Nun ist Zeit für den Waschgang, ich nehme Benny mit ins Bad und hieve ihn unter Angstgeschrei in die Badewanne. Ich versuche ihn mit der tatkräftigen Unterstützung von Quietsche-Entchen zu beruhigen und beginne mit der Arbeit. Ich brauche eine Viertelstunde, um ihm die Haare und seinen Körper schonend zu waschen, dann noch 10 Minuten, um ihn mit einer pflegenden Creme einzuölen. Schließlich ziehe ich ihm seinen Schlafanzug an und koche eine letzte Portion Abendbrei. Beim Füttern ist Benny diesmal ganz ruhig, man merkt ihm an, dass der Tag ihn geschafft hat. Mama und Sohnemann müde, zum ersten Mal an diesem Tag sind wir uns einig. Also ab ins Bett mit Benny. Mama ist glücklich und zufrieden. Vorm Zubettgehen schaue ich noch die Nachrichten und esse einen Keks, dann falle ich völlig erschöpft ins Bett und in einen erholsamen Schlaf
zumindest bis viertel nach zwei nachts, da unterbricht Benny meine Ruhephase. Er muss auf die Toilette, mit Mama, Wickeltisch, Windeln tauschen, saubermachen, einpudern. Vor lauter Müdigkeit nehme ich alles nur verschwommen wahr. Ich begleite ihn zurück an sein Bettchen, singe ihm noch drei, oder vier, oder fünf Gute-Nacht-Lieder vor, bis er wieder eingedöst ist. Meine Augen brennen, ich decke ihn zu, ich krieche zurück unter meine Decke, und versuche wieder einzuschlafen, bis der nächste morgendliche Wecker klingelt.