J. Liedloff
Wie fühlt sich ein Baby, das man schreien lässt? Niemand weiß wirklich, wie sich das Schreien lassen tatsächlich auf ein Baby auswirkt. Man kann es schließlich nicht zweimal aufziehen und sich den Unterschied ansehen. Und niemand weiß wirklich, wie sich ein Baby letztlich fühlt, wenn man es weinen lässt. Jean Liedloff präsentiert jedoch eine sehr wahrscheinliche Sichtweise in Ihrem Buch "Auf der Suche nach dem verlorenen Glück" (Addison-Wesley, 1977). Hier beschreibt sie das Aufwachen eines Babys mitten in der Nacht:
"Er wacht auf in dem sinnlosen Schrecken der Stille, der Bewegungslosigkeit. Er schreit. Sein kleiner Körper brennt von Kopf bis Fuß vor Bedürfnis, Verlangen, unaufschiebbarer Ungeduld. Er schnappt nach Luft und schreit, bis sein Kopf nur noch ein einziges Pochen ist. Er schreit, bis seine Brust schmerzt, bis sein Hals wund ist. Er kann den Schmerz nicht mehr ertragen und sein Schluchzen lässt nach und klingt ab. Er lauscht. Er öffnet und schließt seine Fäustchen. Er rollt seinen Kopf hin und her. Nichts hilft. Es ist unerträglich. Er beginnt wieder zu weinen, doch es ist zu viel für seinen überanstrengten Hals; bald hört er auf. Er rudert mit den Ärmchen, und tritt mit seinen Beinchen. Er hört auf, leidend, unfähig zu denken. Er lauscht. Dann schläft er wieder ein."