Jetzt bin ich zum zweiten Mal schwanger, meine erste Abtreibung hab ich gut verkraftet, ich wusste danach, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Damals hab ich gedacht, ich würde nicht noch einmal abtreiben, das könnte ich mit meinem Gewissen wohl nicht vereinbaren. Als ich jetzt den Test gemacht habe und festgestellt habe, dass erneut ein ungewolltes Leben in mir heranreift, war ich sehr wütend, auf mich, den Test, den Vater und den kleinen Zellhaufen, der in mir heranwächst. Ich verstehe nicht, warum die Welt so sein kann, warum gibt es Frauen, die unbedingt Kinder haben wollen, aber keine bekommen können und auf der anderen Seite Frauen wie ich, die durch ihre Unvernünftigkeit schon zwei zukünftigen Leben die Chance auf eine Existenz nehmen.
Eigentlich bemühe ich mich immer ein guter Mensch zu sein, leider gelingt mir das nur in den seltensten Fällen. Ich kann kein guter Mensch sein, wenn ich aus purem Egoismus mich gegen ein Kind entscheide. Die Vorstellung das Kind in mir heranreifen zu lassen, um es dann jemanden zu übergeben, der sich so sehr ein Kind wünscht, ist schlimmer für mich als zu wissen, dass dieses Kind niemals existiert hat.
Ich will das Kind nicht, weil ich denke nicht genug Liebe ihm gegenüber aufbringen zu können, ihm ständig unterschwellige Vorwürfe wegen meines verpatzten Lebens machen würde, aber ich kann auch den Gedanken nicht ertragen, mein Kind würde sich fragen, warum seine Mutter es nicht wollte und es zur Adoption frei gegeben hat,
Die Frage ist, ob es da wo es nach der Abtreibung hin kommt sich auch die Frage stellt, warum es nicht leben durfte, aber ich kann es noch nicht bekommen. Ich kann nicht ein Kind bekommen, das entstanden ist, weil ich nicht genug Verantwortung für mich selbst übernehmen konnte, wie soll ich da Verantwortung für ein weiteres Wesen übernehmen. Was soll ich ihm sagen, wenn es mich fragt, wo ist denn eigentlich der Papa? Soll ich sagen, du der Papa ist nicht da, der wollte dich nicht, oder mit dem Papa wollte ich keinen Kontakt haben, deswegen durftest du auch nicht.
Ich möchte für mein Kind, vorausgesetzt ich darf nach meiner zweiten Abtreibung noch mal eins empfangen einen Vater haben, den ich liebe, dem ich vertrauen kann und der nicht einfach Mittel zu meiner sexuellen Befriedigung war.
Das hier ist um festzustellen, ob ich wirklich dieses Kind nicht will, nach dem Test standen für mich zwei Optionen offen, zum einem mich selbst umzubringen und zum anderen das Kind abtöten zu lassen. Wenn ich mich für erste Variante entscheide, habe ich zwei Leben auf dem Gewissen, entscheide ich mich für zweiteres sind es auch zwei Leben. Doch ich kann es meinem Umfeld besonders meiner Familie einfach nicht antun von hier zu entschwinden, sicherlich ginge das Leben ohne mich auch weiter, aber die Belastung die ich mit meinem Tod anrichte ist sicherlich größer, als die Belastung die ich zu tragen habe, wenn ich noch mal abtreibe. Und ich kann mir einfach noch kein Leben mit einem Kind leben, deswegen sind für mich nur diese zwei Möglichkeiten offen...
Ich will mich nicht dem Gedanken verschließen, dass ich irgendwann mal ein Kind möchte, aber diesen kleinen Zellhaufen in mir kann ich noch nicht als mein Kind annehmen. Ich will mein Leben so weiter führen wie bisher, will auf niemanden Rücksicht nehmen. Ich schaff es ja noch nicht mal eine Beziehung einzugehen, weil ich mich zu eingezwängt fühle, wie soll es denn funktionieren jemanden zu lieben, der mich 24h am Tag in Beschlag nimmt. Ich möchte irgendwann diese Verantwortung übernehmen, aber erst dann wenn ich mich zumindest ansatzweise dazu bereit fühle und wenn es einen Menschen dazu gibt, der mir wenigstens ein ganz ganz kleines wenig Verantwortung abnehmen kann und ich auch möchte, dass er das tut.
Es gab eine Zeit in der ich von Traurigkeit geplagt zu dem Entschluss gekommen bin, dass mir ein Kind aus meinen Depressionen helfen könnte, doch das kann es nicht, es würde sie nur noch verstärken, ich kann nichts lieben, wenn ich mich selbst nicht lieben kann, außerdem bin ich noch nicht soweit, meinem Kind einen Grund bzw. einem Sinn im Leben zu geben. Ich kann einem fünfjährigen nicht sagen, dass der einzige Sinn in meinem Leben es war ein Kind zu bekommen.
In diesem Sinne bin ich mir sicher, dass ich noch kein Kind haben will, also die richtige Entscheidung treffen werde, ich muss jetzt nur noch mit meinem Gewissen umgehen können, Leben abzutöten, mal abgesehen davon, dass die Frage immer noch offen bleibt, ob das schon Leben ist. Ich werde es zum zweiten Mal dazu kommen lassen, dass zukünftiges Leben verhindert wird, und ich muss mich dieser Verantwortung mit all ihren Konsequenzen stellen, wenn es soweit ist.
Jetzt ist die zweite Abtreibung bereits einen Monat her, ich habe sie gut verdrängt würde ich sagen. Niemand aus meinem Freundeskreis weiß von meiner Entscheidung, zu Silvester hab ich es einem Wildfremden erzählt und eine lockere Chatbekanntschaft weiß auch davon. Wahrscheinlich konnte ich es diesen Menschen erzählen, weil ich mich bei ihnen nicht als Heuchler fühlte...
Das ist jetzt weitere zwei Monate her... Ich wollte Mädchen bzw. Frauen zeigen, wie ich mich gefühlt habe nachdem ich zum zweiten mal abgetrieben habe,ich denke viel darüber nach, aber ich bedaure es nicht... dennoch glaube ich, dass ich psychologische Hilfe in Anspruch nehmen muss... Aber das liegt viel mehr an meiner geringen Selbstwertschätzung, als an der Abtreibung...
Mit diesem Beitrag will ich erreichen, dass Frauen die vor der verzweifelten Lage stehen noch einmal ungewollt schwanger zu sein, keine Angst vor dem danach haben müssen, wenn sie sich wirklich sicher sind, das Kind nicht haben zu können, aber auch wirklich nur dann... Macht es nicht, wenn ihr das Kind eigentlich wollt!!!! Und wenn ihr es nicht wollt, bleibt hier... Das Leben geht weiter, definitiv!!!!